„Erkältungszeit – Mythen und Fakten“
Die Temperaturen sinken, es wird früher dunkel und später hell, die Bäume verlieren ihre Blätter – der Herbst ist in vollem Gange. Mit den kühleren Temperaturen und dem vermehrten Aufenthalt im Inneren fällt meist der Startschuss für die Erkältungs- und Grippesaison.
Doch handelt es sich bei Erkältung und grippaler Infekt eigentlich um die gleiche Erkrankung? Nein, Erkältung, grippaler Infekt und Grippe werden fälschlicherweise häufig synonym verwendet. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Krankheitsbilder, mit ganz unterschiedlichen Verläufen. So beginnt eine Erkältung (= grippaler Infekt) meist langsam, schleichend und nachdem der Körper über eine längere Zeit kälteren Temperaturen ausgesetzt wurde. Zudem wird eine Erkältung durch sogenannte „Schnupfenviren“ ausgelöst. Zu den typischen Symptomen gehören unter anderem Schnupfen, Husten – trocken oder schleimig –, Halsschmerzen und moderates Fieber. In den meisten Fällen reichen Bettruhe und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um eine Erkältung auszukurieren.
Eine Grippe hingegen beginnt schnell und wird durch Grippeviren (Influenzaviren Typ A, B oder C) ausgelöst. Hohes Fieber, deutliche Erschöpfung, starke Gliederschmerzen und Kopfschmerzen, Schnupfen und Husten sind typische Symptome einer echten Grippe. Bei einer Grippe können neben Bettruhe und ausreichender Flüssigkeitszufuhr, auch fiebersenkende Mittel, Schmerzmittel und weitere Medikamente eingesetzt werden. Wird mittels eines Schnelltest das Grippevirus nachgewiesen, kann auch der Einsatz von Neuraminidase-Hemmern erfolgen. Dabei handelt es sich um ein Medikament, das die Grippeviren hemmt und so zu einer Linderung der Symptome beitragen kann.
Die Grippe kann vor allem für ältere und immungeschwächte Menschen zu einem schweren Verlauf bis hin zu einer Lungenentzündung führen, weshalb die STIKO (Ständige Impfkommission) für alle Menschen über 60 Jahre, Risikogruppen, enge Kontaktpersonen von Risikogruppen, medizinisches Personal und Schwangere ab dem 2. Trimenon eine jährliche saisonale Grippeimpfung empfiehlt. Sprechen Sie diesbezüglich mit Ihrem Hausarzt / Ihrer Hausärztin und lassen Sie sich beraten.
Um nicht an einem grippalen Infekt oder einer echten Grippe zu erkranken, versuchen viele Menschen in dieser Zeit das eigene Immunsystem zu unterstützen und stärken. Dabei kommen präventiv nicht nur Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz, sondern insbesondere auch Lebensmittel wie Kurkuma, Cranberry und Ingwer, denen eine antientzündliche und immunstärkende Wirkung nachgesagt wird.
Wenn es um grippale Infekte und die echte Grippe geht, kursieren eine Menge Mythen und Weisheiten. Doch welche Mythen sind in Wirklichkeit Fakten und welche Mythen sind und bleiben Mythen.
MYTHOS: BEI ERKÄLTUNGSANZEICHEN HILFT ES, SOFORT VITAMIN C UND ZINK ZU NEHMEN.
FALSCH – Studien zeigten, dass die präventive Einnahme – vor allem von Vitamin C bei den ersten Erkältungsanzeichen – die Dauer der Erkältung nicht verkürzte. Hinzukommt, dass es sich bei Vitamin C um ein wasserlösliches Vitamin handelt. Bei zu hoher Zufuhr wird dies einfach über den Urin ausgeschieden und nicht verwertet. Bei Zink müsste die Einnahmemenge deutlich überschritten werden, um eine Linderung zu erwirken, was wiederum negative Folgen mit sich bringen könnte. Das bedeutet, dass zuhause keine Experimente mit Zink durchgeführt werden sollten. Grundsätzlich kann eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung, die auch eine adäquate Zufuhr an Vitamin C und Zink beinhaltet, das Immunsystem stärken und somit die Erkältungsdauer ein wenig verkürzen kann.
MYTHOS: STRESS SCHWÄCHT DAS IMMUNSYSTEM.
RICHTIG – Körper, Geist, Nervensystem und Immunabwehr sind eng miteinander verbunden. Bei akutem Stress wird die Immunabwehr zunächst hochgefahren, da evolutionsbedingt die Gefahr steigt, dass Erreger in den Organismus eindringen. Die spezifische körpereigene Abwehr, sprich Immunzellen, die dazu „trainiert“ werden, bestimmte Substanzen abzuwehren, wird jedoch unterdrückt.
Bei Dauerstress fährt auch das zunächst aktivierte Immunsystem durch das Stresshormon Cortisol und die ständige Anspannung des Nervensystems herunter. Die Folge ist, dass die Immunzellen im Blut zurückgehen und die Aktivität der Zellen ebenfalls sinkt. So haben Erreger freie Bahn in den Organismus einzudringen und ihn zu schwächen.
Stress zu reduzieren ist meist leichter gesagt als getan. Versuchen Sie sich Freiräume zu schaffen, holen Sie sich bei Bedarf Hilfe oder Unterstützung und kümmern Sie sich um sich selbst. Das kann das Lesen eines guten Buches, ein ausgiebiger Spaziergang, ein Telefonat mit einer vertrauten Person oder ein entspannter Filmabend sein. Jeder Mensch ist individuell. Schaffen Sie sich Ihre persönliche Ruhe-Oase, um abzuschalten und zu entspannen und Stress und Krankheitserregern keine Chance zu geben.
MYTHOS: DAS STÄNDIGE MASKE-TRAGEN UND DESINFIZIEREN SCHWÄCHT UNSER IMMUNSYSTEM.
FALSCH – Unser Immunsystem ist permanent aktiv, da wir ständig Keimen und Viren ausgesetzt sind. Es funktioniert nicht wie ein Muskel, der schwächer wird, wenn er nicht eingesetzt wird. Auch verliert das Immunsystem nicht die Fähigkeit Viren, Bakterien und andere Keime bei Bedarf zu bekämpfen oder verlernt, dies zu tun. Durch die Vielzahl an Corona-Maßnahmen (Abstand halten, Maske tragen, Hände regelmäßig waschen und desinfizieren) in den letzten Jahren war es tatsächlich so, dass wir besser gegen Tröpfcheninfektionen geschützt waren und seltener an Erkältungen, Grippe oder anderen Krankheiten erkrankt sind, aber dennoch haben wir nicht in einer sterilen Umgebung gelebt. Kommt es nun zu gehäuften Erkältungen, kann dies an einer Art Stau von Infektionen liegen, die ohnehin alle paar Jahre fällig wären.
MYTHOS: NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL ERSETZEN EINE GESUNDE ERNÄHRUNG UND BEUGEN ERKÄLTUNGEN VOR
FALSCH – Bei Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) handelt es sich Präparate, in Pulver – oder Tabletten – / Kapselform, die Nährstoffe in dosierter Form beinhalten und meist von Gesunden zum Ausgleich von Nährstoffmängeln oder Unterstützung / Aufrechterhaltung bestimmter Funktionen eingenommen werden. Wichtig ist, dass es sich bei NEM um Lebensmittel und nicht um Arzneimittel handelt. Daher fallen NEM auch nicht unter das Arzneimittelgesetz, sondern unter das Lebensmittelrecht. Das hat zur Folge, dass NEM keinen Vorabnachweis bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit erbringen müssen und keine Höchstmengen für die enthaltenen Inhaltsstoffe vorgeben werden. NEM müssen lediglich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigt werden.
NEM sind nicht für therapeutische oder präventive Zwecke vorgesehen und ersetzen keine gesunde Ernährung. Sie bedürfen bei einem gesunden Menschen keiner Einnahme, da eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung dem Körper alle benötigten Makro- und Mikronährstoffe, inklusive Ballaststoffe, liefert. NEM können zwar ergänzende Nährstoffe liefern, aber nicht den gesamten Tagesbedarf eines Menschen decken. Bei unkontrollierter Einnahme besteht sogar die Gefahr einer Überdosierung. Aus diesem Grund sollte die Einnahme nur bei einem nachgewiesenen Mangel erfolgen. Vor einer beabsichtigten Einnahme sollte zudem immer mit dem behandelnden Arzt / der behandelnden Ärztin Rücksprache gehalten werden.
MYTHOS: NICHT MIT NASSEN HAAREN AUS DEM HAUS GEHEN!
FALSCH – Nicht die nassen Haare, sondern Erreger wie Viren oder Bakterien lösen Erkrankungen aus. Meist tritt in Kombination mit nassen Haaren aber eine zu intensive Kälteexposition auf, was die Entstehung einer Erkältung begünstigen kann. Wissenschaftlich bewiesen ist die Erhöhung des Erkältungsrisikos aufgrund von nassen Haaren jedoch nicht.
MYTHOS: SPORT STÄRKT DIE ABWEHRKRÄFTE.
RICHTIG – Schon eine leichte Trainingsintensität hilft dabei, die Infektanfälligkeit zu verringern, denn akute Belastungen lösen eine Mobilisierung und Erhöhung der Abwehrzellen aus. Hinzukommt, dass moderater Sport die Anzahl der positiven Darmbakterien erhöht. Interessanterweise befinden sich 80 % unserer Immunzellen im Darm. Pflegen wir unseren Darm mittels ballaststoffreicher Lebensmittel, Pro- und Präbiotika und einer ausreichenden Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren, so pflegen wir auch unser Immunsystem. Erwähnenswert ist jedoch, dass Leistungssport und vielstündige Ausdauerbelastungen hingegen als immunschwächend gelten. Denn dies verlängert die benötigte Regenerationszeit.
MYTHOS: BEI GRIPPE SOLLTE MAN AUF ANTIBIOTIKA ZURÜCKGREIFEN.
FALSCH – In einer Beobachtungsstudie wurden 64 % aller an einer Nasennebenhöhlenentzündung erkrankten Personen ein Antibiotikum verschrieben – obwohl diese in den meisten Fällen durch Viren und nicht Bakterien ausgelöst werden. Dabei wirken Antibiotika nur gegen Bakterien und nicht gegen Viren. Hinzukommt, dass bei Antibiotikaeinnahme nicht nur krankmachende Bakterien bekämpft werden, sondern auch die guten Bakterien, die wir beispielsweise für ein gesundes Darmmikrobiom benötigen. Darum kommt es nach einer Antibiotikaeinnahme häufig zu Darmproblemen und Pilzinfektionen. Zudem besteht bei zu häufiger Antibiotikaeinnahmen das Risiko zur Resistenzbildung. Daher sollte Antibiotikum nicht leichtfertig verschrieben und eingenommen werden.
MYTHOS: ONE APPLE A DAY, KEEPS THE DOCTOR AWAY.
JEIN – Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt pro Tag 2 Portionen Obst. Mit einem Apfel schaffen Sie also schon einmal eine gute Basis. Außerdem enthalten Äpfel verschiedene Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe (wie u.a. Polyphenole), die antioxidative und weitere Schutzeffekte mitbringen. Variieren sollten Sie trotzdem, damit Ihr Körper und auch Ihr Darm Abwechslung bekommen und seine Nährstoffe aus verschiedenen Lebensmitteln beziehen kann.
Good to know: Äpfel haben eine chemopräventive Wirkung und sollen das Darmkrebsrisiko reduzieren!
MYTHOS: JE STÄRKER DIE ABWEHRKRÄFTE, DESTO BESSER BIN ICH VOR EINER COVID-19-INFEKTION GESCHÜTZT.
FALSCH – Eine Infektion hängt nicht von einem guten oder geschwächten Immunsystem ab. Auch eine Weitergabe des Virus wird davon nicht beeinflusst. Die Schwere der Erkrankung wird hauptsächlich von Faktoren beeinflusst, die wir nicht unmittelbar in der Hand haben: Immundefekte, Geschlecht, Alter und Vorerkrankungen, wie zum Beispiel Adipositas. Bei Adipositas Grad 2 ist das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf 3,6 mal so hoch und selbst bei jüngeren adipösen Patienten verdoppelt sich das Risiko für einen schweren Verlauf (Deutsche Adipositas Gesellschaft, 2021).
Abwehrkräfte gegen eine bestimmte Krankheit zu haben bedeutet, dass der Körper bzw. das Immunsystem aus einer vorherigen Krankheit des gleichen Typs lernen konnte. Das ist bei Covid-19 nicht der Fall, da es sich hierbei um eine neuartige Erkrankung handelt, die der Körper (in der Regel) noch nicht durchgemacht hat. Darüber hinaus können Menschen mehrfach an Covid-19 erkranken, wenn das Virus mutiert. Wie sich an den Antworten auf die Mythen erkennen lässt, ist eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung unabdingbar, um das körpereigene Immunsystem zu stärken und Krankheiten bestmöglich vorzubeugen. Der Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln ist an dieser Stelle nicht notwendig, da eine ausreichende Zufuhr an Obst, Gemüse und anderen nährstoffreiche Lebensmittel ausreichend Vitamine, Mineralstoffe, etc. beinhalten, um den Organismus zu versorgen.
In diesem Zusammenhang laden wir Sie herzlich ein zu unserem kostenlosen Online-Vortrag*: “Herbsthelden”.
*ermöglicht von der DAK-Gesundheit